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Und aus der Mitte entspringt ein Fluss

Wenn man bei Amazon „Lebenslauf“ in die Suchanfrage eingibt, dann kommen etliche Ratgeber, die einem zum „perfekten Lebenslauf“ verhelfen sollen. Der 5. oder 6. Eintrag ist das Buch von Nick Martin mit dem Namen „Die geilste Lücke im Lebenslauf – 6 Jahre Weltreise“.

Als ich diesen Titel gelesen habe, habe ich sofort Widerstand gespürt. 6 Jahre auf Weltreise soll eine Lücke im Lebenslauf sein? Das geht für mich schon rein logisch nicht. Denn der Lebens-Lauf ist für mich nicht nur die Aneinanderreihung meiner schulischen und beruflichen Stationen, das sogenannte Curriculum Vitae (oder kurz CV), sondern es ist viel mehr:

Erstens läuft der Lebenslauf parallel zur Lebenszeit, das bedeutet, es handelt sich um ein Kontinuum im physikalischen Sinne. Es gibt gar keine Lücken, nicht eine winzig kleine. Alles was ich tue, führt zu etwas anderem. Nichts bleibt ohne Konsequenzen und manchmal passieren ungeheuerliche Dinge, die so niemals geplant waren.

Kurz: AM ENDE fließen alle Dinge INEINANDER und AUS DER MITTE entspringt ein FLUSS.

Ja, da darf man jetzt nicht allzu jung sein, um nun an den gleichnamigen Film aus dem Jahr 1992 zu denken: Aus der Mitte entspringt ein Fluss/ A River runs through it.

Ich wünsche mir, dass für Lebensläufe dasselbe gilt, wie für Lernziele in der Schule:

Der Fokus darf nicht auf dem Endergebnis liegen. Es geht nicht darum, die besten Noten, die besten PISA-/VERA- oder sonst was für Leistungsvergleichsergebnisse zu erzielen.

Es geht darum zu verstehen, dass tatsächlich der Weg das Ziel ist. Dass wir immer lernen. Dass es keine Lücken gibt, weder im Lernen, im Bilden oder im Lebenslauf. Das ist einfach unmöglich, völlig irrational. Genau wie die Angst davor.

Mein Wunsch ist es, dass wir uns in der Schule mehr dem Moment hingeben, es muss nicht immer alles in Kompetenzen und Lernzielen, in gute Noten und Zugangsberechtigungen enden.

Angelehnt an Paul Watzlawick könnte man sagen: Du kannst nicht nicht lernen. Auch nicht im Lockdown.

Kinder zu ermutigen ihre Leidenschaft zu finden, sich Mußezeiten zu können, Abstand zu nehmen von dem ständigen Fokus auf das „Endergebnis“, den „Zweck“ oder wie sich was im Lebenslauf macht, das ist meiner Meinung nach auch eine Aufgabe von Schule.

Deshalb, lieber Nick Martin, dein Buch müsste heißen: “ Die geilste Stelle im Lebenslauf – 6 Jahre Weltreise.“

Denn wir wissen es doch alle, am Ende fließen alle Dinge ineinander und aus der Mitte entspringt ein Fluss.

Dieser Artikel ist Teil der #crazyblogwoche mit Susi und Veronika, bei der wir alle drei in sechs Tagen sechs Artikel schrieben zu einem gelosten Stichwort. Das Stichwort von heute lautet „Lebenslauf“. Sobald sie veröffentlicht sind, verlinke ich natürlich auch die anderen Artikel hier.

Veronika hat zum Thema Lebenslauf diesen Artikel gebloggt: https://leadlikeamom.com/ein-hoch-auf-individuelle-lebenslaeufe-und-unterschiedliche-lebensmodelle/

Susi hat zum Thema Lebenslauf diesen Artikel gebloggt:

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